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„Man kümmert sich um seine Vorfahren zu wenig. Wenn man klein ist, hat man kein Interesse dafür, und wenn man größer wird, ist niemand mehr da, der es einem erzählt.“
Nikolai Kropotkin
Auf der Homepage des Kulturvereins Reddelich findet sich dieser Artikel zu Stenbock-Fermor:
http://www.kulturverein-reddelich.de/leserbrief-von-valentin-tschepego-aus-berlin.php
Eine Kurzform wurde in der Raducle Nr. 17 veröffentlicht:
http://www.kulturverein-reddelich.de/raducle/ausgaben
Eine Bitte um Weiterverbreitung und Beteiligung:
www.keinurteil.wordpress.com
Es gibt wohl kaum einen Jugendlichen, welcher in der Sowjetunion aufwuchs und dabei an Arkadi Gaidar vorbei sozialisiert wurde. Arkadi Golikow, der sich den Namen Gaidar zum Pseudonym wählte, war der mit Abstand bedeutendste Kinderschriftsteller der UdSSR gewesen. Vielleicht hatte auch sein früher Tod, den er am 26. Oktober 1941 als Partisan in einem Hinterhalt fand, dazu beigetragen, dass seine Werke nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine gewaltige Auflagenhöhe erreichten. Denn zuvor ging die Kollision der sowjetischen Wirklichkeit, mit den damit ursprünglich verbundenen Wünschen auch an Gaidar nicht spurlos vorüber. Seine Bücher wurden Ende der 30-er Jahre in der Sowjetunion aus den Bibliotheken entfernt und verbrannt – viele erlebten erst nach seinem Tod neue Auflagen (1). Zu ehrlich war der Stil, und zu mitreißend seine Darstellung. Mehrmals entging Gaidar nur knapp dem Schlund des Gulag – und war doch gleichzeitig der beliebteste Kinder- und Jugendschriftsteller. Begleitend zu dem Artikel „Gaidar – ein Traum ist stärker als die Wirklichkeit“, welcher im Mitteilungsblatt des Instituts für Syndikalismusforschung 2012 erschien (2), sollen hier einige seiner frühen Zeitungsfeuilletons in deutscher Erstübersetzung vorgestellt werden. Sie erlebten erst Jahrzehnte nach seinem Tod einen neuen Abdruck. Warum, ist unschwer zu erkennen – sie sprechen für sich.
(1) Камов, Борис: Аркадий Гайдар, Мишень для газетных киллеров, ОЛМА Медиа Групп, Москва 2011
(2) Syfo Forschung & Bewegung; Mitteilungsblatt des Instituts für Syndikalismusforschung Nr. 2, 2012 (kann über www.edition-av.de bestellt werden)
Früher war es einfacher. Die genannte Tabelle zeigte dem Beamten klar seinen Platz in der verworrenen Amtsstube des Russischen Imperiums auf. Jede Grille kannte ihr Pflöckchen. Und von diesem historischen Pflöckchen zirpte sie „ergebenst“ sich an Personen wendend, die höher thronten, als sie selbst, oder sie brüllte donnernd auf jene hernieder, die durch den Willen des Schicksals eine niedere Stufe der hierarchischen Leiter einnahmen. Der nun zu einem bezeichnenden Namen gewordene sehenswürdige Titularrat, begann, wenn er die Notwendigkeit hatte sich an eine höhergestellte Person zu wenden, ungefähr so:
„Eure Hochwohlerlaucht! Ich habe die Ehre ergebenst zu bitten zu gestatten eure wohlwollende Aufmerksamkeit zu richten“ usw.
Wenn der Brief nicht an eine Erlaucht geschrieben wurde, sondern einfach an eine Wohlgeborenheit, dann konnte man mit Erfolg, ohne die Regeln der Beamtenhuldigung zu brechen, aus der erwähnten Anrede die Worte „ergebenst“ und „gestatten“ herauslassen, und man konnte auch die „Ehre“ streichen. Eine Wohlgeborenheit – ist keine große Nummer, sie kann auch ohne „Ehre“ auskommen. Wenn aber die Anrede an eine kleine, unbedeutende Person gerichtet war, so änderte sich entsprechend auch der Ton des Schreibens. Zum Beispiel:
„Dem Stadtpolizisten Gapkin.
Ihre Hochwohlgeborenheit befahlen zu warnen: wenn du auch weiterhin nach Wodka und Zwiebeln stinken wirst, und von deinen Stiefeln es nach Wagenschmiere miefen wird, dann wird er dich Schurken feuern, wobei er dir zuvor zwanzig Tage Arrest verpassen wird.“ Weiterlesen
Der klassische Typus des Bürokraten aus dem alten Regime begegnet einem heutzutage als Seltenheit, welche sich höchstens auf irgendeinem geringen Posten erhalten konnte, als Leiter der Kanzlei eines Gouvernementsarchives, oder eines statistischen Büros, oder einer Sonderkomission bei der Landesverwaltung des Gouvernements.
In jenen Einrichtungen aber, die von der Art ihrer Bestimmung her eine enge Berührung mit den Massen haben, oder ihre Arbeit eng mit einem Dutzend anderer Einrichtungen verbinden, hat sich der Situation entsprechend ein neuer Typus des sowjetischen Bürokraten entwickelt.
Es gibt aktive und passive Bürokraten.
Der passive ist weniger schädlich. Weiterlesen
Johannes Scherr wurde am 3. Oktober 1817 in Hohenrechberg bei Gmünd geboren. Nach einer Ausbildung am Gymnasium in Gmünd und Universitäten in Zürich und Tübingen wurde er Lehrer und ließ sich 1843 in Stuttgart nieder. Mit der Streitschrift „Württemberg im Jahr 1844“ betrat Scherr hier die Bühne des Kampfes um demokratische Freiheit. Während der Revolution von 1848 wurde er als jüngster Abgeordneter in die württembergische Abgeordnetenkammer und in den Landesausschuss gewählt. Aufgrund seines demokratischen Engagements musste er nach der Auflösung der Kammer 1849 in die Schweiz fliehen. Einige Zeit verbrachte er in Winterthur und widmete sich schriftstellerischen Tätigkeiten. Dies setzte er fort, als er 1860 zum Professor für Geschichte und Literatur an das eidgenössische Polytechnikum in Zürich berufen wurde. Bis an sein Lebensende am 21. November 1886 blieb er eine schaffende Persönlichkeit.
Johannes Scherr hinterließ ein umfangreiches schriftstellerisches Werk, welches sich in die beste, weil aufrechte Tradition der bürgerlichen Demokratie einordnet. Er besaß einen klaren Standpunkt – und von diesem heraus beurteilte er voller Leidenschaft und Biss die gesellschaftlichen, historischen und literarischen Ereignisse, denen er sich verschrieben hatte. Etwas, was Demokraten heute meist völlig abgeht. In seiner Leidenschaftlichkeit erlag allerdings auch Scherr dem Drang nach der „nationalen Einheit“ – den patriotischen Stimmungen, die als Folge der deutschen Kleinstaaterei in der demokratischen Bewegung feste Verankerung fanden.
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